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Tolle Eckhart

Wirkliche Veränderung beginnt in dir

2015 hat Eckhart Tolle in Karlsruhe einen Vortrag mit dem Thema „Wirkliche Veränderung beginnt in dir“ gehalten, in welchem er erklärte, wie man von der Ebene der Worte und der gedanklichen Konzepte in eine Ebene der inneren Stille, der Wachsamkeit und des unkonditionierten Bewusstseins treten kann.

Eckhart Tolle, 1948 in Deutschland geboren und mittlerweile in Kanada lebend, erlangte mit dem Buch „Jetzt“ große Bekanntheit. 2011 wurde er sogar als eine der spirituell einflussreichsten Personen gelistet. Über sich selbst sagt er, dass er viele Jahre seines Lebens niedergeschlagen und verzweifelt gewesen sei, bis er mit 29 eine, wie er sie nennt, innere Transformation erfuhr. Nach einigen Jahren, in denen er arbeits- und obdachlos gewesen war, aber dennoch „in einem Zustand tiefer Glückseligkeit“, wurde er zu einem spirituellen Lehrer.

Es ist, laut Tolle, wie die Kluft zwischen zwei Worten: Sie ist da, aber wir schreiben ihr keinerlei Bedeutung zu – wenn wir uns ihrer überhaupt bewusst sind. So sind wir uns unserer tieferen, geistigen Ebene selbst gar nicht bewusst, bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir ein großes Erwachen erleben. Dieses Erwachen sollten wir uns allerdings nicht wie eine Art Erleuchtung, ein plötzliches Dasein, vorstellen. Dieses Erwachen kommt leise, es entsteht allmählich ein gewisses Etwas im Inneren.

Für gewöhnlich beziehen wir Menschen unser Selbstgefühl von unserem Körper, der Form, wie Tolle ihn bezeichnet. Wir vergleichen unseren Körper mit dem von anderen und stehen in einem ständigen Kampf. Solange wir uns mit unserer Form, unserem Körper, anderen überlegen fühlen, solange funktioniert die Sache mit dem Selbstgefühl scheinbar positiv. Sobald der Körper aber altert oder sich verändert, und zwar dahin gehend, dass er anderen Körpern nicht mehr überlegen ist, nimmt unser Selbstgefühl ab. Im Geist entstehen Geschichten, die man sich selbst über den Körper oder andere Wahrnehmungen erzählt. Diese sind jedoch historisch und erfunden. Wenn man bedenkt, dass das Wort „Geschichte“ zweierlei Bedeutungen hat, nämlich die historische Entwicklung und die Erzählung, ergibt sich eine neue Dimension: Die Vergangenheit und die Unwahrheit, die wir uns in unserem Geist zusammenspinnen, sind die Gründe für schwierige Situationen, die wir durchleben.

Lebt man mit diesem ständigen Fluss der Gedanken, so lebt man unbewusst. Man denkt nur über Probleme nach, die man hat, und füttert damit sein Ego. Das Ego hat immer den Eindruck, es bekommt nicht genug oder Dinge seien noch nicht gelöst. Glück und Freude, wie wir sie beispielsweise am Tag der Hochzeit empfinden, verflüchtigen sich mit dem Eintreffen des Alltages, weil das Ego sich danach verzehrt, Probleme zu analysieren und teilweise dadurch zu erschaffen. Das Gefühl der Erfüllung und des Angekommen-Seins ist stets kurzlebig.

Die meisten Probleme, die man hat, erschafft man selbst, so Tolle. Wir sollten beginnen, Herausforderungen auch als solche zu sehen. Wir sollten sie als Chance wahrnehmen und kein Problem daraus machen. Wenn einmal etwas schiefgeht, müsste das eigentlich etwas sein, das uns freut – Tolle vergleicht dies mit einem Film oder der Literatur: Würde in einem Film oder Buch alles reibungslos verlaufen, gäbe es auch keine Entwicklung der Figuren und wir würden die Handlung als schlecht empfinden. Genauso ist es auch in unserem Leben: Ohne „Schiefgehen“ und ohne Herausforderungen können wir uns nicht entwickeln.

Was aber ist nun diese zweite Ebene, diese Dimension der Tiefe, von der Eckhart Tolle spricht? Sie ist einerseits wichtig, um vollständig Mensch zu werden. Man muss sie in sich selbst erkennen und ständig damit verbunden sein. Dadurch wird man von der historischen Person, mit der man sich identifiziert hat und mit der man unglücklich war, befreit. Um diese Dimension zu erreichen, muss unser Strom der Gedanken zur Ruhe kommen, denn die Essenz aller Spiritualität ist laut Tolle ein Moment des Bewusstseins ohne Denken. Es geht darum, das andauernde Benennen der Dinge, die wir wahrnehmen, für einen Moment zu verzögern. Dies kann man am besten in der Natur üben und auf diese Weise lernen zu akzeptieren, dass man nicht immer alles beurteilen können muss.

Der Mensch glaubt immer, es gäbe zahlreiche Momente, denn der Moment sei das Jetzt. Das entspricht jedoch nicht der Wahrheit. In der unmittelbaren Erfahrung gibt es immer nur den Moment, das Jetzt. Außerhalb des Jetzt kann nichts existieren. Die Vergangenheit existiert nicht mehr, sie ist nur eine Geschichte in unseren Gedanken. Die Form des Moments ist das, was im Jetzt passiert. Das ist die Oberfläche des Jetzt. Der Raum, in dem sich alles entfaltet, ist hingegen das Bewusstsein selbst. „Die einzige Tatsache, die besteht, ist, dass du jetzt bewusst bist“, so Tolle in seinem Vortrag.

Des Weiteren erläutert er darin die Frage der Existenz. Was existiert wirklich und was widerlegt die Theorie, dass wir in einem Traum leben? Tolle geht davon aus, dass diese Frage im Grunde ohne Bedeutung sei, zumal Träume doch durch unser Bewusstsein entstehen. „Das eigene Bewusstsein [bewusst sein] ist irrsinnig befreiend“, es ist wie eine Leinwand. Im Hintergrund bleibt alles beständig, so wie die Leinwand, und auf diese werden Dinge projiziert – das ist das Einzige, das sich verändert. Mithilfe dieses Gedankens wird sich der Mensch bewusst, dass das mehr ist als die ständige Bewegung der Bilder.

Laut Eckhart Tolle existieren wir alle zweimal: einmal in der Form, in der sich die Geschichte und die historische Geschichte befinden, und einmal in dem formlosen Bewusstsein, einem zeitlosen Ich und der Quelle, aus dem alles entspringt.

Tolle zeichnet in seiner Analyse ein sehr anschauliches Bild:

Die Welle auf dem Ozean des Seins existiert nur für den kurzen Moment, in dem sie darüber grübelt, wie schlecht ihre Vergangenheit war und wer sie ist. Sie hat die Verbindung mit der Tiefe des Ozeans nicht erkannt, wegen ihrer Angst, dass sie nur eine kleine Welle sei. Aber die Welle ist etwas, was der Ozean tut, gleicherweise wie du etwas bist, was das Universum tut.“

Eckhart Tolle weist auch auf das Akzeptieren der Vergangenheit, der Gegenwart und der Herausforderungen hin und gibt uns abschließend einen schönen Satz mit auf den Weg:

Die Welt kann sich nur verändern, wenn man beginnt, auf einer anderen Ebene zu denken.“

Eckhart Tolle

Text: VITA-Redakteurin Antonia Pichler

DVD-TIPP:

Eckhart Tolle

Wirkliche Veränderung beginnt in dir

Vortrag in Karlsruhe 2015

DVD

Kamphausen Verlag / www.kamphausen.media

Hier gehts zur DVD:

https://www.kamphausen.media/wirkliche-veraenderung-beginnt-in-dir/t-4057664044792